Einrichtungsstile im Laufe der Zeit: Biedermeier

Europa ordnet sich neu, Herrscher schmieden eine Allianz, liberale Kräfte formieren sich – die Bürger flüchten sich in die eigenen vier Wände. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ist eine unstete Zeit, in der sich Familien nach Ruhe und Idylle sehnen. Dem eigenen Zuhause wird eine noch größere Rolle zuteil, die es ohnehin schon spielte. Mit viel Liebe und Aufwand verwandeln sich Wohnungen und Häuser in gemütliche und behagliche Rückzugsorte. Es war die Zeit des Biedermeiers. Lassen Sie uns zusammen diese Zeit erneut entdecken. Gibt es die Biedermeier-Möbel heute überhaupt noch? Wie sahen sie aus? Wir zeigen es Ihnen.  

Biedermeier: Zeitliche Einordnung

Die Biedermeier-Zeit beschreibt die Jahre zwischen dem Wiener Kongress 1815 und der Deutschen Revolution 1848/49. Ganz eng verbunden wird diese Zeit mit der Restauration. In Europa sollte die alte Herrschaftsordnungen wiederhergestellt, also „restauriert“, werden. Man könnte sagen, es ging zurück zur „guten alten Zeit“. Es formierte sich die Heilige Allianz aus Franz I. von Österreich, Zar Alexander I. und Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Wie gut diese Machtherstellung für die Bevölkerung wirklich war, entlud sich später in der bürgerlichen Revolution 1848/49.

Gottlieb Biedermeier, Beruf: Spießbürger

Woher kommt eigentlich der Begriff „Biedermeier“? Prägend für den Begriff ist die fiktive Figur Gottlieb Biedermeier. Dahinter verbirgt sich ein schwäbischer Dorflehrer, der seine regelmäßigen Auftritte in Gedichten in den Münchner Fliegenden Blätter, einer humoristische Wochenzeitung, hatte. Erfunden wurde diese Figur von dem Schriftsteller Ludwig Eichrodt und seinem befreundeten Arzt Adolf Kußmaul. Gottlieb Biedermeier stand für einen gescholtenen und kleingeistigen Menschen, der sich in sein kleines enges Heim zurückzieht, um dort sein Glück zu finden. Inspiriert wurde dieser Prototyp eines Spießbürgers von Samuel Friedrich Sauter, einem tatsächlichen Dorflehrer und Dichter. Eichrodt und Kußmaul parodierten in ihren Werken Sauters recht eigenwilligen, konservativen und „schrulligen“ Verse.   

Biedermeier wird zum Epochenbegriff

Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Biedermeier als kulturgeschichtlicher Begriff wahrgenommen, der sich zu einer Projektionsfläche entwickelte. Er stand für ein bestimmtes bürgerliches Gefühl und einen Gemütszustand. Als „Gegenbewegung“ zu revolutionären Kräften (Vormärz) betonte dieses Kleinbürgertum konservative Werte wie Zurückhaltung, Bescheidenheit oder Treue. Das Bürgertum zog sich ins Private zurück und suchte sein Glück und die Ruhe in der ländlichen Idylle. Diese Biedermeier-Kultur drückte sich in allen Lebensbereichen aus – Innenarchitektur, Kleidungsmode, Hausmusik und Konsum.

Rückzug ins gemütliche Heim

Dem Biedermeier wird die Schöpfung des Wortes „Gemütlichkeit“ zugeschrieben. Das liegt wohl daran, da sie die zentrale Rolle in den privaten vier Wänden spielte. Bei der Einrichtung des Wohnzimmers wurde darauf geachtet, ein behagliches Nest zu schaffen, in das man sich zurückziehen konnte. Es war die Flucht vor den Wirren und unsteten Verhältnissen, die draußen auf den Straßen tobten.

Tipp: Wir zeigen Ihnen, wie Sie auch in einer modernen Wohnung für mehr Gemütlichkeit sorgen.

Biedermeier-Möbel schafften eine behagliche Wohnkultur

Die einstige typische Biedermeier-Wohnung gilt als Vorbild unseres heutigen Wohnzimmers. Das liegt vor allem an der Kombination aus Sitzgruppe und Kleinmöbel. Im Zentrum des Wohnzimmers steht ein Ensemble aus Sofa, Fußschemel, Hockern und Sesseln. Die Polster wurden nicht selten von Hand gefertigt und bestickt, da häusliche Näharbeiten noch zu den gewöhnlichen Aufgaben der Frauen gehörten. Kleinmöbel wie Nähtische, Kaffeetische, Konsolen und Lyra-Tische vervollständigen die Sitzgruppen. Lyra-Tische sind Beistelltische, deren Fuß an eine Lyra, ein Zupfinstrument, erinnert.

Esszimmer in der Zeit des Biedermeiers

Allgegenwärtig sind natürlich auch die Kommoden und Schränke. Kommoden wurden dadurch populär, dass zum einen Stauraum benötigt wurde. Zum anderen sollten die Wände für Dekorationen wie Kerzenleuchter, Vasen, Bilder oder Spiegel frei bleiben. Heute würden wir diese Kommoden als Sideboard bezeichnen. Natürlich befanden sich auch große Schränke in einer Biedermeier-Wohnung. Diese waren aber, z.B. im Vergleich zum Empire-Stil, weniger wuchtig und kleiner.

Merkmale der Biedermeier-Möbel

Biedermeier-Möbel stehen wie kein anderer Möbelstil für eine ganz bestimmte Zuschreibung: schlichte Eleganz. Da das Bürgertum sich bescheiden, zurückhaltend und demütig zeigen wollte, musste dies auch in der eigenen Wohnung zum Ausdruck kommen. Schränke und Kommoden sollten nach außen hin nicht repräsentieren, sondern sollten behaglich und zweckmäßig sein. Nicht, dass Sie es falsch verstehen: Qualität spielte eine enorm große Rolle. Handwerklich gefertigte Möbel waren ein Muss. Auf eine langlebige, robuste und einwandfreie Verarbeitung wurde großer Wert gelegt. Biedermeier-Möbel vereinen – von Schrank bis Tisch – klar erkennbare Merkmale:

  • Schlichte Form und kaum Dekor
  • Kein einheitliches Design der Möbel
  • Kantige, teils klobige Standfüße
  • Einsatz von Furnier
  • Große und glatte Flächen, um Maserung zu betonen
  • Helle, meist gespiegelte Holzmaserungen
  • Betonung der handwerklichen Qualität

Setzten die Möbelbauer im Süden von Deutschland überwiegend auf Kirschbaum und Nussbaum, zeigten sich norddeutsche Möbel eher in Buche und Mahagoni. Gemein hatten beide Stile einen hellen Farbton mit feinen, auffällig ausgearbeiteten Maserungen. Zur Hervorhebung der „neuen“ Bescheidenheit verzichteten die Tischler auf aufwändige und reich verzierte Beschläge. Selbst Scharniere bauten sie verdeckt ein.

Tipp: Wenn Sie über den nächsten Antik- und Trödelmarkt schlendern und Biedermeier-Möbel suchen, achten Sie einfach auf die genannten Merkmale und prüfen Sie die Möbel.     

Biedermeier heute

Auch heute noch ist der Biedermeier-Stil nicht komplett verschwunden. Die Möbel sind nach wie vor stark auf Antik- und Trödelmärkten gefragt. Unter anderem liegt es daran, dass seit der Jahrhundertwende der Begriff „Biedermeier“ eher positiv, oder zumindest neutral, gewertet wurde. Biedermeier steht nicht mehr für eine kleinkarierte oder „hausbackene“ Welt, sondern für handwerklich hochwertig gefertigte Möbel und Kleider, die Form und Funktion perfekt miteinander vereinen. Bei gutem Umgang und sorgfältiger Pflege können originale Biedermeier-Möbel bis zu 300 Jahre oder älter werden. Antike Neuware wird häufig mit dem Zusatz „im Biedermeier-Stil“ verkauft.

Wie viel „Biedermeier“ steckt in den Möbeln von schrankwerk?

Mehr, als der erste Blick vermutet! Auch wir betonen die handwerkliche Qualität unserer Maß-Möbel. Als Möbelmanufaktur erfolgen noch viele Arbeitsschritte von Hand durch ausgebildete und erfahrene Tischler. Zudem spielt für uns, wie im Biedermeier, die präzise Formgebung und Fertigung eine maßgebliche Rolle. Form und Funktion gehen Hand in Hand. Unsere Schränke und Kommoden zeichnen sich durch ein klares Design ohne Schnickschnack aus – eine weitere Gemeinsamkeit. Unsere vielfältigen Holz-Dekoren umfassen u.a. Buche, Kirschbaum und Nussbaum, die im Biedermeier ebenfalls populär waren. Zweifelsohne zählen Biedermeier-Möbel zu den wichtigsten und prägendsten Möbeln unserer Wohn- und Einrichtungskultur in Deutschland. Ein wenig setzen wir diese Tradition bei schrankwerk fort.

Ihr schrankwerk Team

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