Einrichtungsstile im Laufe der Zeit: Jugendstil

In unserem aktuellen Beitrag erkunden wir die Jahrhundertwende um 1900. Die erdrückende Schwere des Historismus, der kaiserliche Gehorsam und die stark konservativen Werte steuerten auf den 1. Weltkrieg zu. Doch besonders die junge Kunst und das Design boten den Menschen in diesem unsteten Jahrzehnt eine Fluchtmöglichkeit: die schönen Dinge des Lebens gaben den Menschen Selbstbewusstsein, Zukunftsperspektive und Mut. Erleben Sie mit uns nochmals die Anfänge des Jugendstils!

Zeitliche Einordnung

Das „Fin de Siècle“

Die Jahrhundertwende ist immer ein besonderes Ereignis. Erinnern wir uns nur an das Jahr 2000, das „Millenial“. Das Ende des 18. Jahrhunderts gipfelte in der Französischen Revolution und ging über in die Napoleonischen Kriege. So verwundert es nicht, dass auch die Jahrhundertwende um 1900 eine besondere Zeit darstellte. Das vorherrschende Gefühl und der Zeitgeist dieser Jahre wird als „Fin de Siècle“ beschreiben – das „Ende des Jahrhunderts“.

Aufbruch, Zukunftsangst & Widersprüche

Im Fin de Siècle nimmt die Klassische Moderne Anlauf, um eingefahrene Strukturen zu hinterfragen und abzuschütteln. Dabei treffen ständig Gegensätze aufeinander: der tiefe Wunsch der vor allem jungen Bevölkerung nach Aufbruch und Neubeginn steht einem wachsenden Nationalismus und einer vehementen Militarisierung gegenüber. Das schürt Verunsicherung und Zukunftsangst. Die voranschreitende industrielle Entwicklung, Massenproduktion und Technik schaffen einerseits mehr Wohlstand und versprechen Aufstiegschancen, andererseits verfestigen sich soziale Ungleichheit, in den Städten wächst die Anonymität und soziale Werte verlieren an Bedeutung.

Der Jugendstil

Der Jugendstil ist eine kunstgeschichtliche Epoche, die sich zwischen 1897 und 1918 einordnen lässt. Das „Jugendliche“ an dieser Epoche stammt aus der Kulturzeitschrift „Jugend“, die 1895/96 von Georg Hirth gegründet wurde. Sie bot vorrangig der jungen aufstrebenden Kunst, die die alteingesessenen Regeln und Vorbilder des Historismus hinterfragte, eine Bühne. Wirklich verwendet wurde die Bezeichnung „Jugendstil“ erstmals 1897 während der „Sächsisch-thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung“ in Leipzig. Noch heute ist der Jugendstil in Leipzig mit seinen Villen und der Industriekultur sicht- und erlebbar.

Die Idee: Avantgarde & Dekadenz

Der Jugendstil bildete eine Gegenbewegung zum rückwärtsgewandten Historismus, ohne dabei homogen und geschlossen aufzutreten. In jedem Land drückte sich die junge, avantgardistische und äußerst diverse Kunstbewegung etwas anders aus: So entstanden in Österreich der Sezessionsstil, in Paris der französische Jugendstil, auch Art noveau genannt und eben der deutsche Jugendstil. Im Kern vereinten alle Richtungen die „Notwendigkeit des Überflusses“, die Dekadenz. Kunst und Leben sollten endlich wieder gemeinsam existieren und miteinander verschmelzen.

Formen, Farben & Design des Jugendstils

Der Jugendstil befürwortete klare Formen, denen mit geschwungenen Linien eine sanfte und dekorative Note verlieren wurde. Prägend sind vor allem die großflächigen floralen, tierischen und mythologischen Darstellungen. Sie unterstreichen die Sehnsucht nach Natürlichkeit und unbekannten Welten – ein Kontrast zur industrialisierten Gesellschaft. Die Form der Gegenstände spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Die dekorativen und schmückenden Elemente standen für sich. Dies kann ebenfalls als Kontrast zum Historismus und der Belle Époque angesehen werden.

Besonders spannend ist der Mix verschiedener Materialien, der sich in der Inneneinrichtung durchsetzte. Zwar dominierte weiterhin Holz die Wohnung, doch schlichen sich nun verstärkt Materialien aus der Industrie ein: Beton, Metall wie Eisen und Stahl, und hochwertige Textilien. Die Qualität und der Wert der Materialien klaffte dabei teils stark auseinander. Möbel und Gebrauchsgegenstände sollten für alle sozialen Schichten und Einkommen erschwinglich sein. Beliebt waren aber vor allem dunkle Harthölzer, die vorzugsweise lackiert wurde, damit sie stärker glänzten und wie poliert wirkten.

In den Wohnräumen dominierten Pastelltöne. Eine natürliche, helle und kombinierbare Farbgebung wurde sehr geschätzt. Dadurch sollten die teilweise sehr dunklen und schweren Möbel aufgelockert und aufgefrischt werden.

Jugendstil Sofa in Pastell

Möbeldesign im Jugendstil

Allgegenwärtig waren die geschwungenen Linien, die die geradlinigen Korpusse von Schränken und Kommoden abrundeten. Markant sind die nach unten hin verjüngenden Standfüße, an die sich ein fein geschwungener Bogen bis zum Sockel anschließt. Wie bereits beschrieben, stand die Form und das grundlegende Design im Hintergrund. Den Clou der Möbel finden wir in den Verzierungen und der Funktionalität. Letztere musste unter allen Umständen gegeben sein.

Trotz der voranschreitenden industriellen Herstellung der Möbel, wurde das Handwerk nach wie vor stark geschätzt und gerne vorgezeigt. Das hatte zur Folge, dass die handwerkliche Arbeit sichtbar gemacht wurde – im Gegensatz zum Biedermeier. Beschläge und Scharniere wurden hervorgehoben und gezeigt. Das beweist, dass die Bürger traditionelles Handwerk und mechanisch-technischen Fortschritt gleichermaßen schätzten.

Wie viel Jugendstil steckt in den Möbeln von schrankwerk?

Im Jugendstil trat der Stolz auf handwerkliche Fertigkeiten wieder verstärkt zutage – als selbstbewusstes Statement gegen die voranschreitende industrielle Massenproduktion. Bei schrankwerk vereinen wir beides: Tischlerhandwerk und die Vorzüge hochmoderner Maschinen und Gestaltungsmöglichkeiten. Wir zelebrieren das Handwerk mit jedem Möbel, das unsere Manufaktur verlässt!

Ihr schrankwerk Team

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